7. Wie Jugendliche die Covid-19-Pandemie und die Maßnahmen wahrnehmen

7.3. Der Umgang der Jugendlichen mit Informationen und Medien während der Covid-19 Pandemie

Worum es hier geht

Als das Corona-Virus anfing, sich weltweit auszubreiten, gab es zunächst eine wahre Flut an Nachrichten, die sich nur mit der Pandemie beschäftigten. Das war wichtig, um Informationen über die neue Krankheit und die Gegenmaßnahmen zu verbreiten. Wir beschäftigen uns in diesem Abschnitt damit, wie Jugendliche dieses Nachrichtenangebot genutzt und bewertet haben.

Gerade zu Beginn der Pandemie haben Jugendliche intensiv Nachrichten zu dem Thema konsumiert. Sie fühlten sich in der überwiegenden Mehrheit von fast 80 Prozent gut oder sehr gut informiert. Dementsprechend haben junge Menschen im Sommer 2020 – als wir unsere Befragungen durchgeführt haben – die Maßnahmen der Regierung zur Eindämmung von Covid-19 mehrheitlich nachvollziehen können und sich danach gerichtet. Mit der Zeit gab es aber ein Zuviel an Information. Viele junge Menschen haben dann versucht, sich davor zu schützen. Sie haben weniger Nachrichten konsumiert und versucht, sich auf andere Dinge zu konzentrieren.

Aus dem Jugendbericht

Um die Verbreitung des Virus einzudämmen, ist es wichtig, dass die Bevölkerung über die Symptome, Infektionswege und Schutzmaßnahmen informiert ist. Gut informierte Personen bewerten Maßnahmen zur Bekämpfung von Covid-19 als positiv und setzen sie auch eher um (Zhong et al., 2020). Darüber hinaus gibt es Belege dafür, dass fundiertes Wissen über Covid-19 bei Jugendlichen zu geringeren Ängsten führen kann, wobei die Qualität der Informationen von Bedeutung ist (Götz et al., 2020). Da Medien eine zentrale Rolle in der Verbreitung von Informationen spielen, wird in diesem Kapitel dargelegt, wie gut sich Jugendliche bezüglich des Virus informiert fühlen, welche Medien die Jugendlichen konsumieren, um sich über die Covid-19-Pandemie zu informieren, und wie sie mit den Informationen und Medien umgehen.

Informationsstand, Nutzung von Medien und Umgang mit Informationen zu Covid-19

Zu Beginn informierten sich viele der Jugendlichen regelmäßig über die Pandemie und die Maßnahmen zu ihrer Eindämmung. Laut der YAC-Befragung fühlen sich 31,2 % der Befragten sehr gut über die Maßnahmen gegen Covid-19 informiert, 47,2 % fühlen sich gut informiert und 18,0 % fühlen sich mittelmäßig informiert. Nur 3,6 % fühlen sich schlecht oder sehr schlecht informiert. Eine Befragung von Schülern und Studenten in Österreich ergab sehr ähnliche Ergebnisse (Schober et al., 2020).

In den qualitativen Interviews berichten viele Jugendliche, dass sie vor allem zu Beginn der Covid-19-Pandemie aktiv nach Informationen suchten, um sich über die Entwicklung der Pandemie zu informieren. Viele Jugendliche nennen den RTL-Liveticker zu Covid-19, den sie ständig verfolgten, und Push-Nachrichten der RTL-App, die sie über ihr Handy bekammen. Daneben berichten einige Jugendliche, dass sie sich zum Zeitpunkt der Befragung und somit in einer Phase der fallenden Infektionszahlen und des Deconfinements (Juli bis August 2020) nicht mehr so häufig informierten wie zu Beginn der Pandemie. Sie verfolgten noch regelmäßig die Nachrichten, waren aber nicht mehr so stark darauf fokussiert. Viele Jugendliche erwähnen außerdem, dass sie sich nach einer gewissen Zeit eher beiläufig und teils zufällig über die Pandemie informierten. Dies geschieht vor allem durch die Push-Nachrichten auf dem Handy, aber auch über Berichte im Fernsehen, Gespräche mit Eltern und Freunden oder über das Radio. So erzählt es auch die Studentin Cynthia.

„Also esou direkt informéieren ech mech net, mee mäin Handy, dee schéckt mir ëmmer erëm d‘Infoen vum RTL, a wann do eppes ass, wat mech wierklech interesséiert, da ginn ech dat och noliesen.

(Cynthia, 25 Jahre, 6:6)

Manche Jugendliche geben an, dass sie zum Teil auch eher zufällig Informationen zur Pandemie in Social-Media-Kanälen wie Facebook, WhatsApp oder Instagram lesen. Dabei ist ihnen bewusst, dass auf den Social-Media-Kanälen auch Falschinformationen kursieren. Aus einer internationalen Studie zum Umgang von Kindern mit Medien geht hervor, dass eine Mehrheit, aber nicht alle der Kinder im Alter von 10 bis 15 Jahren, Falschnachrichten zur Covid-19-Pandemie identifizieren kann (Götz et al., 2020).

Andere Jugendliche berichten in den Interviews, dass sie sich kontinuierlich informieren und anhaltendes Interesse an den aktuellen Infektionszahlen und Ländervergleichen haben. Die Jugendlichen, die sich regelmäßig über den Verlauf der Pandemie informieren, nutzen verschiedene Nachrichtenportale (z. B. Luxemburger Wort, Tageblatt, BBC News, Die Zeit). Auch der 18-jährige Luc informiert sich regelmäßig.

„Ech kucken och ëmmer Lëtzebuerg an da kucken ech nach Verglach mat anere Länner. Dann hunn mer jo natierlech Lëtzebuerg, déi relativ vill Infektioune pro Persoun hunn, mee ’t ass natierlech och well mir elo méi teste wéi aner Länner. Mee mir hunn dowéinst awer och wéineg Doudeger an esou weider. Also mech intresséiert déi Ziffere schonn, also dat läit mer e bësschen sou Statistiken, dat intresséiert mech egal wéi, an elo wann dat eppes Aktuelles ass, da jo.

(Luc, 18 Jahre, 4:10)

Die meisten Jugendlichen informieren sich kaum über wissenschaftliche Quellen. Nur wenige recherchieren Informationen über Medien- und Nachrichtenkanäle hinaus und versuchen die Qualität der Informationen zu reflektieren. Die Studentin Sandra liest wissenschaftlich verifizierte Informationen und distanziert sich von Verschwörungstheorien.

„Also gekuckt, wéi dat alles ugefaangen huet, oder d’Noriichte ganz oft gekuckt, verfollegt, wéi et weider geet, a mer…, a jo. An ëmmer gelies an halt gekuckt, dass ech wierklech wëssenschaftlech Saache gelies hunn, déi wëssenschaftlech bestätegt sinn, fir dass ech sécher sinn: ,Okay dat kann ee gleewen.’ […] Saachen vun der WHO, wat déi verëffentlechen oder esou Reportagen vun ARTE oder esou, […] keng Verschwörungssaachen.

(Sandra, 24 Jahre, 3:5)

Manche Jugendliche berichten, dass es ihnen teilweise schwerfällt, die Informationen zu Covid-19 zu bewerten und einzuordnen, da viele Verschwörungstheorien und Falschinformationen in Umlauf gebracht werden, aber auch von Seiten der Politik und seriösen Medien gegensätzliche oder sich verändernde Informationen kursieren.

Einschränkung des Nachrichtenkonsums als Selbstschutz

Wie eingangs erwähnt, beschäftigten sich die Jugendlichen zu Beginn der Pandemie viel mit Nachrichten. Viele von ihnen bemerkten nach einiger Zeit, dass sie die ständige Informationsflut, besonders durch Liveticker, belastet. Laut der Studie von Götz et al. (2020) ist rund die Hälfte der befragten Kinder im Alter von 10 bis 15 Jahren der Nachrichten überdrüssig und will über die Pandemie nichts mehr lesen, hören oder sehen. Andere Studien zeigen, dass viele Jugendliche weniger Nachrichten konsumieren, um sich zu schützen und besser mit der Angst umgehen zu können (Calmbach et al., 2020; Ortner et al., 2020).

In den qualitativen Interviews zeigt sich, dass auch luxemburgische Jugendliche ihren Nachrichtenkonsum einschränken, um in ihrem Alltag nicht permanent mit Nachrichten konfrontiert zu werden, die ihnen Angst machen. Von den vielen neuen Informationen, die ständig von den Nachrichtenkanälen kommuniziert werden, fühlt sich die Studentin Pauline überfordert.

„Ech war wierklech déi ganzen Zäiten amgaangen um Fernsee Saachen, Reportagen ze kucken, News ze kucken, um Handy ze kucken […]. An et ass esou vill ginn, dass ech Angscht hat vun de Leit. […] An mat der Zäit sot ech mer: ,Hei, Schluss!’ Et ass do, ech muss domadder liewe kënnen […]. An do hunn ech einfach eng Woch laang keen Handy gekuckt, hunn ech kee Fernsee gekuckt. […] Et waren ze vill Informatiounen, wierklech all Dag an all Moment. An lo beschäftegt dat mech manner.

(Pauline, 22 Jahre, 5:10)

Zudem erwähnen Jugendliche, dass sie die neue Lebenssituation mit Covid-19 akzeptiert haben und somit generell weniger Interesse besteht, sich fortlaufend zu informieren. Hinzu kommt, dass es den meisten Jugendlichen nicht hilft, unentwegt Nachrichten zu konsumieren. Der 29-jährige Elio beschreibt, dass ihn dies eher verrückt mache.

„Eben wéinst där Gewunnecht. Ech probéieren eng gewëssen Normalitéit, eng gewëssen nei Normalitéit fir mech ze fannen. An duerch déi gewëssen Akzeptanz, déi ech mat der momentaner Situatioun scho konnt entwéckelen, ass och dat Interessi e bësschen erofgaange, fir ze kucken, fir mech domadder geckeg ze maachen soe mer esou.“

(Elio, 29 Jahre, 20:5)

Der Umgang mit den Medien und Informationen veränderte sich im Laufe der Covid-19-Pandemie bei den meisten der befragten Jugendlichen. Anfänglich bestand ein großes Interesse, sich über die neuesten Entwicklungen zur Pandemie zu informieren, jedoch nahm dieses Interesse mit der Dauer der Pandemie ab. Jugendliche fühlen sich von der Informationsflut zu Covid-19 teilweise überfordert und sie schränken deshalb ihren Nachrichtenkonsum gezielt ein, um sich selbst zu schützen.