3. Gesellschaftliche Kontextbedingungen für das Wohlbefinden und die Gesundheit in Luxemburg

3.3. Demografische Struktur

Worum es hier geht

Kinder und Jugendliche sind die künftigen Beitragszahlenden, die als Erwerbstätige die Versorgung der Seniorinnen und Senioren finanzieren müssen. Nicht nur deshalb ist die Altersstruktur einer Gesellschaft von großer Bedeutung für die Zukunft junger Menschen. Auch die Dynamik und die Entwicklungsmöglichkeiten eines Landes hängen vom zahlenmäßigen Verhältnis junger zu alten Menschen ab. Im Vergleich zu vielen anderen europäischen Staaten schneidet Luxemburg dabei relativ gut ab: Bei uns ist die Alterung der Gesellschaft nicht so weit fortgeschritten wie etwa in Deutschland oder Frankreich.

Das könnte an Luxemburgs Attraktivität für Migrantinnen und Migranten liegen. Der Bevölkerungsanteil der Menschen, die im Ausland geboren sind, ist bei uns mit 47,4% überdurchschnittlich hoch. Bei jungen Erwachsenen im Alter zwischen 25 und 29 Jahren (Menschen also, die auch zur Untersuchungsgruppe unseres Berichts gehören) hat sogar eine knappe Mehrheit nicht die luxemburgische Staatsangehörigkeit.  Die Menschen, die im Großherzogtum leben, aber keine luxemburgische Staatsangehörigkeit haben, stammen ganz überwiegend aus anderen EU-Staaten. Diese Zahlen machen deutlich, warum wir uns bei der Erarbeitung des Jugendberichts auch für demografische Aspekte interessiert haben und diese hier vorstellen.

Aus dem Jugendbericht

Der Altersaufbau eines Landes kann durchaus als bedeutsam für die ökonomische und politische Entwicklung und das Wohlbefinden in der Gesellschaft betrachtet werden. Die Höhe des Anteils der jungen Menschen an der Gesamtbevölkerung ist insbesondere deshalb relevant, da in Luxemburg, wie in vielen anderen europäischen Staaten auch, die wohlfahrtsstaatlichen Sicherungen auf einem umlagefinanzierten System basieren (Generationenvertrag), welches nur dann funktionieren kann, wenn Einzahlende und Empfänger in einem ausgewogenen Verhältnis zueinander stehen. Die demografische Struktur Luxemburgs zeigt einige Besonderheiten im Vergleich zu seinen europäischen Nachbarländern.

Hoher Anteil Jugendlicher an der Gesamtbevölkerung

In den meisten westlichen Industriestaaten sind aufgrund der veränderten Familienformen und der höheren Berufstätigkeit der Frauen eher sinkende Geburtsraten bei einer steigenden Lebenserwartung zu verzeichnen. Diese beiden Phänomene führen zusammen genommen oftmals zu einer Überalterung der Gesellschaft. Der Anteil der Jugend eines Landes hat von daher eine wichtige Bedeutung für die Dynamik einer Gesellschaft, weil nur durch ausreichend starke, beruflich aktive Bevölkerungsgruppen das wohlfahrtsstaatliche Niveau und besonders auch die Transferzahlungen an immer größere ältere Bevölkerungsgruppen sichergestellt werden können.

Betrachtet man die in Abbildung 1 dargestellte Verteilung der Altersgruppen für Luxemburg und für die EU-28-Länder im Vergleich, wird erkennbar, dass die jüngeren Altersgruppen bis zum Alter von 54 Jahren (schwarze Linie) in Luxemburg stärker besetzt sind als in den EU-28-Ländern. Alle nachfolgenden Altersgruppen sind in Luxemburg weniger stark besetzt als in den EU-28-Ländern. Auch das Medianalter liegt in Luxemburg mit 39,5 Jahren deutlich niedriger als in den EU-28-Staaten (43,3 Jahre) oder in Deutschland (46 Jahre) und Frankreich (41,8 Jahre).

Der Alterungstrend fällt somit in Luxemburg weitaus moderater aus als in anderen europäischen Ländern. Dies könnte dem hohen Migrationszufluss und der Attraktivität des Arbeitsplatzes Luxemburg geschuldet sein, der für viele junge Menschen einen Anziehungspunkt darstellt (Statec, 2020a).

Die aktuelleren Zahlen für das Jahr 2020 zeigen auf, dass die Zielgruppe des Jugendberichts (12- bis 29-Jährige) 139.134 Personen umfasst, und somit etwas mehr als ein Fünftel (22,2 %) der Gesamtbevölkerung (626.108) ausmacht (Eurostat, 2020a).

Migration und Nationalitätenstruktur

Nationalität und Migrationshintergrund stellen insbesondere für Jugendliche in Luxemburg ein Merkmal dar, welches die Ausgangsbedingungen in Bezug auf die gesellschaftliche Integration und das Wohlbefinden entscheidend beeinflussen kann. So kann u. a. das Ausmaß der Sprachkompetenz in den drei Landessprachen, die soziale Vernetzung oder der kulturelle Hintergrund eines Jugendlichen das alltägliche Leben im privaten und auch im schulischen und beruflichen Bereich erleichtern oder erschweren und sich hierdurch auf das Wohlbefinden des Jugendlichen auswirken. Die von den Jugendlichen generell zu bewältigenden Entwicklungsaufgaben können durch migrationsbedingte Orientierungsprobleme zusätzlich erschwert werden, wenn die Kultur des Herkunftslandes und die des Aufenthaltslandes sich an unterschiedlichen Werten und Normen orientieren. Zudem zeigt sich oftmals ein Zusammenhang zwischen Bildungserfolg und Migrationshintergrund, der wiederum maßgeblich vom Bildungs- und Beschäftigungsstatus der Eltern beeinflusst wird (Alieva, 2010).

Nach dem Internationalen Migrationsausblick der Organisation for Economic Cooperation and Development (OECD, 2019a) steht Luxemburg 2016 mit 46,9 % an der Spitze der OECD-Länder in Bezug auf den im Ausland geborenen Anteil der Bevölkerung an der Gesamtbevölkerung. Bezüglich der Nettomigrationsrate belegt Luxemburg in der Welt nach dem Datenstand von 2017 den dritten Platz (15,5). Die Nachbarländer Belgien (5,4), Deutschland (1,5) und Frankreich (1,1) belegen die Plätze 23, 54 und 57 (Lexas, 2017).

Die Gesamtbevölkerung Luxemburgs setzt sich ent sprechend im Jahr 2020 (siehe Tabelle 1) nur zu 52,6 % aus Einwohnern zusammen, die die luxemburgische Staatsangehörigkeit besitzen, während 47,4 % eine ausländische Staatszugehörigkeit aufweisen. Diese 47,4 % setzen sich überwiegend aus EU-28 Bürgern (39,6 %) und zu einem kleineren Teil aus Personen (7,7 %) aus anderen, nicht den EU-28-Staaten zugehörigen Ländern zusammen. Bei den 25- bis 29-Jährigen weist gar mehr als die Hälfte der jungen Menschen (50,2 %) keine luxemburgische Nationalität auf.

Der Anteil der unter 15-Jährigen Nichtluxemburger an der Bevölkerungsgruppe der unter 15-Jährigen lag in den letzten 10 Jahren immer deutlich über dem Anteil der Nichtluxemburger in der Gesamtbevölkerung (Abbildung 2), und verdeutlicht damit den starken Einfluss der Migration auf die Bevölkerungsstruktur Luxemburgs und insbesondere auf die jungen Generationen.