4.3.3. Stressempfinden
Stress ist in der Gesundheitsforschung ein zentrales Konzept, wobei es verschiedene Modelle von Stress gibt (Abel et al., 2018). Als besonders einflussreich hat sich das auf Lazarus zurückgehende transaktionale Stressmodell erwiesen, wonach Stress dann entsteht, wenn eine Person das Gefühl hat, die an sie gestellten Anforderungen nicht mit den zur Verfügung stehenden Ressourcen bewältigen zu können (Lazarus, 1966; Lazarus & Folkman, 1984). Auf diesem Modell baut Cohen’s Perceived Stress-Scale auf (Cohen et al., 1983), die ein Maß für unspezifischen Stress ist, d. h. Stress, der nicht an bestimmte Situationen gebunden ist (z. B. Schule, Beruf oder Partnerschaft). In einer Übersichtsstudie hat sich gezeigt, dass diese Skala stark mit der mentalen Gesundheit korreliert und mäßig bis stark mit Depressionen und Angststörungen (Lee, 2012).
In der Befragung der Health Behaviour in School-aged Children (HBSC)-Studie und im YSL wurde die Kurzform von Cohen’s Perceived Stress-Scale (PSS-4) genutzt. Die Teilnehmer werden gefragt, wie oft sie sich „im Umgang mit ihren eigenen Problemen sicher fühlen“, „sich die Dinge nach den eigenen Vorstellungen entwickeln“, ob sie „das Gefühl haben, wichtige Dinge im Leben nicht beeinflussen zu können“, und „das Gefühl haben, dass die Probleme so groß sind, dass sie nicht gelöst werden können“. Bei der Addition der Antwortcodes (0–4) kann das Ergebnis von 0 bis 16 reichen, wobei höhere Werte für ein höheres Maß an Stress stehen.5
Jungen und Männer sind weniger von Stress betroffen als Mädchen und Frauen. Das Alter der Befragten spielt zwar eine Rolle beim Stressempfinden, allerdings ist kein klares Muster zu erkennen – der Anteil der Gruppe mit viel Stress schwankt vielmehr unregelmäßig mit dem Alter. Personen ohne Migrationshintergrund sind in der Gruppe mit viel Stress etwas unterrepräsentiert und in der Gruppe mit wenig Stress etwas überrepräsentiert, aber insgesamt sind die Unterschiede in Abhängigkeit vom Migrationshintergrund gering. Deutlicher ist der Unterschied nach Sozialstatus. Es zeigt sich, dass Personen mit geringen finanziellen Ressourcen und Personen, die ihren Sozialstatus als niedrig einschätzen, deutlich mehr Stress haben als diejenigen mit mittleren und hohen finanziellen Ressourcen beziehungsweise Personen, die ihren Sozialstatus als mittel oder hoch einschätzen.
5 Die Werte des PSS-4 werden in drei Gruppen eingeteilt, wobei Werte von 0 bis 3 für „wenig Stress“ stehen, Werte im Bereich 4–9 „mittleren Stress“ anzeigen und Werte von 10 bis 16 als „viel Stress“ definiert Diese Einteilung entspricht den Wertebereichen von einer Standardabweichung oberhalb und unterhalb des Mittelwerts, was dazu führt, dass rund zwei Drittel der Befragten in den mittleren Bereich fallen und jeweils rund ein Sechstel in den oberen und unteren Bereich.