4.3.1. Das affektive Wohlbefinden und seine Bedingungsfaktoren
Das affektive Wohlbefinden wurde im Youth Survey Luxembourg (YSL) mit Hilfe des WHO-5-Wohlbefindens-Index1 gemessen. Große Unterschiede in der Bewertung ihres Wohlbefindens zeigten sich vor allem in Abhängigkeit von der sozialen Herkunft der Jugendlichen. Wer über hohe finanzielle Ressourcen verfügt, hat deutlich seltener ein niedriges affektives Wohlbefinden als Personen, deren finanzielle Ressourcen gering sind. Noch stärker ausgeprägt ist dieses Muster je nach subjektiver Einschätzung des Sozialstatus. Wer den eigenen Sozialstatus als niedrig einschätzt, hat eine mehr als dreimal höhere Wahrscheinlichkeit für ein niedriges Wohlbefinden im Vergleich zu einer Person, die ihren Sozialstatus als hoch empfindet. Die Unterschiede nach Geschlecht, Alter und Migrationshintergrund sind demgegenüber viel geringer.
Die Daten des YSL zeigen darüber hinaus, dass das affektive Wohlbefinden der Jugendlichen mit dem Vorhandensein von chronischen Krankheiten korreliert2 sowie mit der Einschätzung des Gesundheitszustands3. Jugendliche ohne chronische Erkrankung haben deutlich häufiger ein hohes affektives Wohlbefinden (28,1 %) als Jugendliche mit chronischer Erkrankung (18,6 %). Jugendliche, die ihren Gesundheitszustand als ausgezeichnet bewerten, haben deutlich häufiger ein hohes affektives Wohlbefinden (35,7 %) als Jugendliche, die ihren Gesundheitszustand als gut, mittel oder schlecht bewerten (14,7 %). Damit bestätigen die Umfragedaten das Ergebnis der qualitativen Interviews, dass Gesundheit und Wohlbefinden eng miteinander verbunden sind.
- Der WHO-5-Wohlbefindens-Index ist ein von der Weltgesundheitsorganisation entwickeltes und weit verbreitetes Maß zur Messung des affektiven Wohlbefindens. Der Index basiert auf 5 positiv formulierten Aussagen, die den emotionalen Zustand einer Person beschreiben (z. B. „Ich war froh und guter Laune“) und ihre Vitalität (z. B. „Ich habe mich energisch und aktiv gefühlt“). Die Befragten geben dazu an, inwieweit diese Aussagen auf sie in letzter Zeit zugetroffen haben, wobei die Antwortskala von „zu keinem Zeitpunkt“ (Code 0) bis „die ganze Zeit“ (Code 5) reicht. Zur Berechnung des WHO-5-Wohlbefindens-Index werden die Codewerte aller 5 Aussagen addiert und mit 4 multipliziert, so dass der Index von 0 bis 100 reicht, wobei 0 für das niedrigste Wohlbefinden steht und 100 für das höchste Wohlbefinden. Die Aussagen des Index zielen auf das aktuelle emotionale Wohlbefinden ab und in Studien hat sich gezeigt, dass der Index als Indikator für Depressionen gedeutet werden kann. Allerdings werden je nach Population und Zweck unterschiedliche Grenzwerte genannt. Topp und Kollegen empfehlen bei Screenings auf Depressionen den Grenzwert bei ≤ 50 anzusetzen (Topp et al., 2015). Für die folgende Auswertung wird jedoch ein niedriges affektives Wohlbefinden im Wertebereich von 0 bis 36 angesetzt, basierend auf einer Empfehlung, die für Jugendliche gilt (Allgaier et al., 2012). Als mittleres Wohlbefinden wurde der Bereich 37 bis 71 definiert, der Wertebereich von 72 bis 100 wurde als hohes affektives Wohlbefinden bewertet.
- Die chronischen Krankheiten werden in Abschnitt 4.2 dieses Kapitels erläutert.
- Die subjektive Einschätzung des Gesundheitszustandes wird in Abschnitt 4.1 dieses Kapitels erläutert.