10.13. Entwicklungsperspektiven des luxemburgischen Jugendberichtes und Forschungsbedarf
In diesem letzten Abschnitt des Jugendberichts geben wir eine Einschätzung, welche Forschungsanstrengungen in Zukunft nötig sind, um noch genaueres Wissen über das Wohlbefinden und die Gesundheit Jugendlicher in Luxemburg gewinnen zu können. Dieses Wissen ist Voraussetzung dafür, gesellschaftliche Aktivitäten und politische Maßnahmen besser auf die Bedürfnisse junger Menschen zuschneiden zu können. Ziel muss es aus unserer Sicht dabei sein, Ursachen, Risikofaktoren und Mechanismen der Herstellung von Wohlbefinden und Gesundheit von Jugendlichen besser zu verstehen. Diese Informationen bilden die Grundlage für professionelles institutionelles und staatliches Handeln.
Der vorliegende luxemburgische Jugendbericht hat anhand der erhobenen Daten eine Fülle von Informationen zur aktuellen Situation der Jugendlichen im Bereich Wohlbefinden und Gesundheit zur Verfügung stellen können und auf dieser Basis einige Interventionsfelder und Herausforderungen herausgearbeitet.
Hierbei haben sich der sozioökonomische Status und die Geschlechterrollen als übergreifende Einflussfaktoren gezeigt, die sich sowohl auf das Wohlbefinden und die Gesundheit als auch auf das wohlbefindensorientierte und gesundheitsrelevante Handeln der Jugendlichen auswirken. Soziale Ungleichheiten bedeuten unterschiedliche Ressourcenausstattung und Entwicklungschancen für Jugendliche auch in Bezug auf Wohlbefinden und Gesundheit. Unterschiedliche Vorstellungen von Geschlechterrollen gehen mit unterschiedlichen Sensibilitäten und Erwartungshaltungen in Bezug auf den Umgang mit der Gesundheit und dem eigenen Körper einher. Dies trägt zu geschlechtsspezifischen gesundheitlichen Ungleichheiten und Problemlagen bei.
Die jugend- und gesundheitspolitischen Zielsetzungen der luxemburgischen Politik, die einerseits den Jugendlichen als kompetenten Akteur betrachten und andererseits eine wohlbefindensorientierte Umgestaltung von Rahmenbedingungen in den identifizierten Handlungsfeldern Schule, Arbeit, Jugendarbeit und Jugendhilfe fördern wollen, bilden gute Voraussetzungen für den weiteren Ausbau und die Ausgestaltung spezifischer Hilfen und Unterstützungsangebote.
Von Seiten der Forschung wird es vor allem darauf ankommen, durch gezielte Untersuchungen zu den Ursachen, Risikofaktoren und Mechanismen der Herstellung von Wohlbefinden und Gesundheit von Jugendlichen die Informationsgrundlagen für das staatliche und professionelle Handeln weiter zu verbessern. Dies gilt generell für die Analyse der Zusammenhänge von sozialen Ungleichheiten und gesundheitlicher Ungleichheit, aber auch für das Verständnis der Rolle einzelner Risiko- oder Schutzfaktoren für die Herstellung von Wohlbefinden und Gesundheit. Einige Forschungsdesiderata, die hierzu einen wertvollen Beitrag leisten könnten, sind im Folgenden aufgelistet:
- Was sind individuelle und soziale Schutzfaktoren, die es einzelnen Jugendlichen ermöglichen, trotz sozialer Benachteiligung stabile und nachhaltig gesunde Lebensstile und Bewältigungsmuster aufzubauen?
- Wie können geschlechtsspezifische gesundheitliche Beeinträchtigungen und Handlungsmuster bewusst gemacht und verändert werden?
- Welche Rolle spielen soziale Medien für die zunehmende Entwicklung von psychischen Beeinträchtigungen und mentalen Belastungen bei Jugendlichen?
- Welche Bewältigungskompetenzen und Ressourcen brauchen Jugendliche zum besseren Umgang mit gesellschaftlichen Erwartungen und Herausforderungen?
- Wie tangiert die aktuelle Pandemie die Zukunftspläne sowie die Ausbildungs- und Berufsverläufe der Jugendlichen und wie gehen sie damit um?
Um die in diesem Bericht beschriebenen Problemfelder erfolgreich angehen zu können, wird es überdies entscheidend sein, die Wirksamkeit von Maßnahmen und Präventionskampagnen wissenschaftlich fundiert zu begleiten und zu evaluieren, etwa mittels randomisierter Feldstudien.
Über die vertiefende Analyse von Mechanismen und sozialen Ungleichheiten in der Herstellung von Wohlbefinden und Gesundheit im Jugendalter sowie die wissenschaftliche Evaluation von Interventionen kann die Forschung auch künftig entscheidende Beiträge zu einer evidenzbasierten Politikgestaltung zur Verfügung stellen, die für eine dynamische und vielfältige Gesellschaft wie die luxemburgische unabdingbar ist.