2. Konzeption des Jugendberichts

2.2.2. Gesundheit

Die psychische, körperliche und soziale Entwicklung von Jugendlichen ist eng mit der Gesundheit verbunden (Quenzel, 2015). Obschon in der Jugendphase im Vergleich zu höheren Altersgruppen gesundheitliche Probleme vergleichsweise selten vorkommen, ist die Thematisierung des Gesundheitsverständnisses und -empfindens in dieser Altersspanne dennoch von hoher Relevanz. So ist die Jugendphase durch starke körperliche und psychische Veränderungen charakterisiert, mit denen Jugendliche sich in dieser Lebensspanne auseinandersetzen müssen. Neben einem guten Gesundheitszustand ist auch ein positives Gesundheitsempfinden von hoher Bedeutung und stellt eine wichtige Ressource zur Bewältigung der Entwicklungsaufgaben im Jugendalter (u. a. Qualifikation, Ablösung und Bindung, Partizipation, Regeneration) und damit auch für den Prozess der Individuation und gesellschaftlichen Integration dar (Poethko-Müller et al., 2018). Entsprechend können gesundheitliche Beeinträchtigungen und deren Folgen betroffene Jugendliche vor besondere Herausforderungen im Umgang mit diesen Entwicklungsaufgaben stellen (Weber et al., 2007).

Ebenso wie der Terminus Wohlbefinden kann und wird auch der Gesundheitsbegriff in Abhängigkeit von der betrachtenden Fachdisziplin unterschiedlich definiert. Gesundheit und Krankheit werden aktuell nicht mehr als sich gegenseitig ausschließende Zustände betrachtet, sondern eher als Prozesse auf einem Kontinuum mit fließenden Übergängen. Ein medizinisch ausgerichtetes Verständnis betont das Funktionieren physiologischer Abläufe, während psychologisch orientierte Gesundheitsdefinitionen das subjektive Empfinden stärker miteinbeziehen (Pschyrembel, 2007). Soziologische Betrachtungen definieren Gesundheit als „Zustand des objektiven und subjektiven Befindens einer Person, der gegeben ist, wenn diese Person sich in den physischen, psychischen und sozialen Bereichen ihrer Entwicklung in Einklang mit den Möglichkeiten und Zielvorstellungen und den jeweils gegebenen äußeren Lebensbedingungen befindet“ (Hurrelmann, 2003, S. 8). Somit geht die Gesundheitssoziologie genau wie die Gesundheitspsychologie von einem positiven Gesundheitsbegriff aus und berücksichtigt sowohl das individuelle Gesundheitsverhalten als auch die sozialen und ökologischen Bedingungen, die Einfluss auf Gesundheits- oder Krankheitsentstehung nehmen können.

Jugendliche sind nicht nur in unterschiedlicher Weise von verschiedenen Erkrankungen betroffen, sie schätzen ihre Gesundheit auch unterschiedlich ein. Der subjektiv bewertete Gesundheitszustand wird in der Regel durch eine direkte Befragung der jugendlichen Zielgruppe erfasst, wobei verschiedene Untersuchungen zeigen konnten, dass die dort gegebenen Antworten den objektiv messbaren Gesundheitszustand gut widerspiegeln (Robert Koch-Institut [RKI], 2014) und somit von hoher Relevanz sind.

Subjektive Gesundheitseinschätzung

Die subjektive Gesundheitseinschätzung stellt ein gutes Maß für eine gesundheitsbezogene Lebensqualität und Befindlichkeit dar (Spuling et al., 2017). Gesundheit und die Vorstellung von Gesundheit haben demnach eine starke subjektive Dimension, wobei sowohl alltägliche, individuelle Erfahrungen als auch wissenschaftlich basierte Wissensbestände die soziale Konstruktion von Gesundheit bestimmen (Flick, 1998a). Entsprechend zeigen u. a. Selbstwirksamkeit, Kontrollüberzeugungen und soziale Netzwerke einen Zusammenhang mit der subjektiv empfundenen Gesundheit auf (Weber & Vollmann, 2005).

Die subjektive Gesundheitseinschätzung wurde bereits in verschiedenen wissenschaftlichen Studien erfasst und kann als guter Indikator für den objektiven Gesundheitszustand und überdies für Prognosen hinsichtlich der zukünftigen Häufigkeit von Erkrankungen herangezogen werden (RKI, 2014). Zudem konnten bislang bereits etliche Studien zur Erfassung der subjektiven Einschätzung der allgemeinen Gesundheit einen Zusammenhang zu soziodemografischen Merkmalen, Belastungen sowie gesundheitsrelevantem Handeln von Jugendlichen nachweisen (Kuntz, Waldhauser, et al., 2018). So zeigen u. a. Bildung, soziale Herkunft, Armut und geringe Teilhabechancen einen deutlichen Zusammenhang zwischen der sozialen Situation und der gesundheitlichen Lage von Kindern und Jugendlichen auf (Elgar et al., 2015; Kuntz et al., Rattay, et al., 2018; Lampert & Kroll, 2018; Pfister et al., 2015).

Aufgrund der sozialwissenschaftlichen Ausrichtung dieses Berichtes, die das Hauptaugenmerk auf die Perspektive der Jugendlichen legt, wurde die Erfassung und Analyse der Gesundheit in Form der eigenen subjektiven Einschätzung der Gesundheit durch die Jugendlichen selbst in die Berichterstattung aufgenommen.